Wie Griechisch kann es werden? – Thessaloniki

Unser zweiter Stop in Griechenland führte uns nach Thessaloniki. Im Vergleich zu den touristischen Ecken in Athen, hat man hier von der ersten Minute an das Gefühl, in einer richtigen, belebten, griechischen Stadt zu sein, in der die Bevölkerung ihrem Alltag nachgeht und Tourist*innen sich in das Gewusel einfügen.

Thessaloniki liegt am Wasser, hat antike Ruinen gleich mitten im Zentrum, es gibt Souvlaki und Bougatsa und im Vergleich zu Athen macht man sich hier auch nicht so stark die Mühe, alles auch in Englisch bzw. mit lateinischen Buchstaben zu beschriften. Super griechisch also, richtig?

Nicht ganz. Auch Thessaloniki ist historisch gesehen sehr interessant. Zunächst hieß die Region Thessalien, wurde durch Eroberung dann Teil von Makedonien, dem römischen Reich, dem byzantinischen und schließlich dem osmanischen Reich. Diese Geschichte ist es, die man im Stadtbild sieht. Griechische Antike gibt es hier nicht.

Zu Griechenland gehört Thessaloniki erst seit der Unabhängigkeit vom osmanischen Reich. Im Zuge der Staatenbildung siedelten sich hier auch viele geflüchtete Menschen mit griechischer Herkunft aus dem Osmanischen Reich an.

Den vielleicht größten und historisch längsten „griechischen“ Einfluss hatte in Thessaloniki bzw. Chalkidiki, der Region um die Stadt, die griechisch-orthodoxe Kirche. Die Bedeutung der Religion ist hier zum einen anhand der großen Anzahl an Kirchen und zum anderen anhand der Regen Nutzung dieser Kirchen sichtbar und hörbar. Der Gesang der Mönche erklingt in der Stadt genauso, wie Verkehrslärm, Schiffshörner und Straßenmusik.

Die zum Teil sehr alten Kirchen werden bei der Stadtplanung umbaut, obwohl sie zum Teil 1-2 Stockwerke tiefer als die Wohngebäude liegen.

Und als Kleinst-Schreine finden sich Mini-Versionen von Kirchengebäuden an Straßenrändern, in Vorgärten und wo immer es ein bisschen Segen bedarf.

Wo ist es besonders schön?

Es ist nicht böse gemeint, aber schön ist Thessaloniki nicht wirklich. Warum, dazu kommen wir gleich noch, aber zunächst erstmal die Highlights.

Der wenn auch ein bisschen beschwerliche Aufstieg in die Oberstadt lohnt sich. Hier werden die Häuser beschaulicher, die Atmosphäre entspannter und der Ausblick, zum Beispiel vom Vlatades Kloster, ist toll.

Ansonsten wird es schöner, wenn man aus der Stadt rausfährt. Die Chalkidiki ist sehr beschaulich und die Entfernungen nicht groß. Wir haben eine Tagestour auf Kassandra, den ersten der drei „Füße“, gemacht inklusive einem Stop im Örtchen Afitos

einem Picknick in einem der vielen Olivenhaine im hügeligen Inneren der Halbinsel

und einem Besuch am Leuchtturm an der Spitze von Possidi.

Auf dem Rückweg haben wir noch einen Stop im Weingut Ktima Gerovassiliou eingelegt. Hier wird seit einigen Jahren eine indigene und in Vergessenheit geratene Weißweinsorte namens Malagousia wieder angebaut und zu unserer Freude abgefüllt.

Wo ist es nicht so schön?

Wie schon angedeutet, ist Thessaloniki nicht die schönste unter den Mittelmeerstädten. Wenn man sich aber mal überlegt, dass Griechenland seit 2008 eine Krise nach der anderen durchläuft, ist es kein großes Geheimnis, warum es überall an Geld fehlt. Griechenland hat zwar gerade seine letzten Schulden beim Internationalen Währungsfond zurückgezahlt, aber in der gleichen Woche gab es landesweit große Streiks und Demonstrationen, denn die Lage ist alles andere als aussichtsreich. Die Inflation lag im Februar bei 7,2% und ein Ende des Anstiegs ist nicht in Sicht.

Es fehlt damit unter anderem auch an Geld für die Dinge, die Tourist*innen interessant finden. Zwei Beispiele:

das MOMus – das Museum für zeitgenössische Kunst in Thessaloniki ist von Tag eins eine privat gegründete Institution. Wir hatten den Eindruck, dass es bis heute an öffentlicher Förderung fehlt. Die Ausstellung ist ok, aber kann weder im Bestand noch in der Aufbereitung mit anderen Museen dieser Art in Europa mithalten.

der Axios Nationalpark außerhalb der Stadt könnte ein touristisches Highlight werden. Hier gibt es neben Flamingos eine große Zahl interessanter Vogelarten, Lagunen, tolle Landschaften und Fischereihütten. Die Website ruft dazu auf, den Park nicht nur per Auto, sondern auch zu Fuß oder Fahrrad zu erkunden, nur, das ist nicht möglich. Es gibt keine Wege, außer Holperpisten, keine Ausschilderung und keine Rastmöglichkeiten. Der Park ist stellenweise extrem vermüllt. Das ist wirklich schade, denn es könnte hier sehr schön sein.

Wo kann man gut essen?

Völlig ohne Einschränkungen können wir allerdings die Gastronomie in Thessaloniki empfehlen. Unsere Highlights:

Deka Trapezia

Charoúpi

Massalia

Wo gibt es guten Kaffee?

Father Coffee & Vinyls

Cho Ban Coffee Brewers

Ypsilon (Bild vergessen!)